Rechtsanwalt, Fachanwalt für Sozialrecht, Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose, Yorckstr. 22, 93049 Regensburg

Formulierungsbeispiel:  Klagebegründung im SGB VI

 

Formulierungsbeispiel von Rechtsanwalt Mathias Klose für eine Klagebegründung im Rentenrecht, konkret auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente (§ 43 SGB VI).
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Schriftsatz um ein Muster handelt, das auf einen Einzelfall bezogen war und nicht unbesehen auf weitere Fälle übertragbar und anwendbar ist.

An das 
Sozialgericht Landshut
Seligenthaler Straße 10
84034 Landshut

 

Aktenzeichen: S 2 R 604/18

 

Klagebegründung

 

In Sachen

L ./. Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd

begründen wir nachfolgend die bereits mit gesonderter Post erhobene Klage und beantragen:

1. Der Bescheid der Beklagten vom 26.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2018 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren.

2. Die Beklagte trägt die notwenigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Begründung:

 

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen kann. Konkret streitig sind einzig die medizinischen Rentenvoraussetzungen.

I.

Die am … geborene Klägerin leidet an einer Vielzahl von Erkrankungen bzw. Behinderungen, insbesondere an Migräne, Spannungskopfschmerz, Depressionen, chronischer Schmerzstörung und einem Akustikusneurinom. Sie ist aufgrund dieser Erkrankungen bzw. Behinderungen nicht mehr in der Lage, eine Erwerbstätigkeit in nennenswerten Umfange nachzugehen. Sie beantragte daher bei der Beklagten am 26.09.2017 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Mit Bescheid vom 26.10.2017 hat die Beklagte den Rentenantrag abgelehnt. Die Klägerin erfülle die medizinischen Rentenvoraussetzungen nicht. Nach der von der Beklagten vorgenommen medizinischen Beurteilung könne die Klägerin noch mindestens 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig sein.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Den Widerspruch begründete sie im Wesentlichen damit, dass die Beklagte die sich aus den Krankheiten bzw. Behinderungen ergebenden Leistungseinschränkungen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch die Beklagte nicht hinreichend gewürdigt wurden. Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin auch weitere medizinische Unterlagen vor, insbesondere auch einen Befundbericht der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie … vom 16.01.2018. Diese berichtet, dass bei der Klägerin eine „anhaltende mittelgradige depressive Episode sowie eine somatoforme Schmerzstörung und ein Akustikusneurinom“ vorliege. Im Vordergrund stehe das depressive Syndrom mit Antriebsminderung, Unruhezuständen, Grübelzwang, Ängsten, Schlafstörungen sowie Symptome des Akustikusneurinoms. Die Belastbarkeit der Klägerin sei deutlich vermindert, es bestehe Überforderung schon bei geringen Alltagsanforderungen. Die Konzentrations- bzw. die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit seien stark beeinträchtigt. Abschließend kommt die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie … zu dem Ergebnis, dass „die berufliche Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt derzeit unter 3 Stunden täglich“ liege. Im Zuge des weiteren Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte ein Gutachten bei der Fachärztin für Neurologie … ein. Diese diagnostizierte bei der Klägerin das Vorliegen von Spannungskopfschmerzen, Migräne, chronischer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Rückenschmerzen, rezidivierende depressive Störung bei gegenwärtig mittelgradiger Episode sowie ein Akustikusneurinom links. Trotz dieser erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen gelangte die Sachverständige zu dem Ergebnis, dass zwar das qualitative Leistungsvermögen der Klägerin eingeschränkt sei, nicht jedoch das quantitative Leistungsvermögen. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im zeitlichen Umfang von 6 Stunden und mehr täglich ausüben.

Aufbauend auf dieser Einschätzung wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 09.08.2018 zurück. Auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vorgelegten weiteren medizinischen Unterlagen sei weiterhin davon auszugehen, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht in rentenberechtigendem Ausmaße eingeschränkt sei.

Dagegen richtet sich die Klage.

II.

Die Klage ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin kann jedenfalls eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beanspruchen.


Der angefochtene Bescheid vom 26.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.08.2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 SGG). Er ist daher aufzuheben und es ist darüber hinaus antragsgemäß zu entscheiden.

Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben (§ 43 Abs. 2 S. 1 SGB VI. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser  Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben (§ 43 Abs. 1 S. 1 SGB VI. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist folglich nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Entscheidend ist also in der Regel eine Verringerung des individuellen quantitativen Leistungsvermögens. „Bedingungen“ sind dabei alle Faktoren, die wesentliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind (BSGE 11, 16, 20). Hierzu gehört vor allem der rechtliche Normrahmen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche Bestimmungen und tarifvertragliche Vereinbarungen (BSG, 19.10.2011, Az. B 13 R 78/09 R). Die Bedingungen sind „üblich“, wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl (BSG, 19.10.2011, Az. B 13 R 78/09 R). Der Arbeitsmarktbegriff erfasst alle denkbaren Tätigkeiten (vgl. BT-Drucks 14/4230, S. 25), für die es faktisch „Angebot und Nachfrage“ gibt; das Adjektiv „allgemein“ grenzt den ersten vom zweiten - öffentlich geförderten - Arbeitsmarkt, zu dem regelmäßig nur Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB III Zugang haben, sowie von Sonderbereichen ab, wie beispielsweise Werkstätten für behinderte Menschen und andere geschützte Einrichtungen (BSG, 09.05.2012, Az. B 5 R 68/11 R). Unter den Begriff der üblichen Bedingungen können im Einzelfall auch „tatsächliche Umstände“ gefasst werden, jedenfalls wenn es sich um krankheitsbedingt herabgesetzte kognitive Grundfähigkeiten handelt, etwa die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz  (BSG, 09.05.2012, Az. B 5 R 68/11 R).

Gemessen an diesen Vorgaben ist davon auszugehen, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich zu arbeiten.

Aus den bei der Klägerin vorliegenden Krankheiten bzw. Behinderungen ergeben sich ganz wesentliche Symptome, die nicht nur die qualitative, sondern auch die quantitative Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachteilig beeinflussen.

In Folge des vorliegenden Akustikusneurinoms fühlt sich die linke Gesichtshälfte der Klägerin häufig pelzig an. Sie leidet deswegen auch an Mundtrockenheit, Kopfschmerzen und insbesondere an starken Schwindelgefühlen und Schwindelanfällen. Die Kopfschmerzen sind nahezu ständig vorhanden. Auch kommt es bei der Klägerin häufig zu Migräneanfällen mit pulsierenden bzw. pochenden Kopfschmerzen, Licht- und Lärmempfindlichkeit und Übelkeit. Täglich leidet die Klägerin an Spannungskopfschmerzen im Stirnbereich mit Ausstrahlung von der Halswirbelsäule über den Oberkopf hin zum Kiefer. Links leidet die Klägerin an einem Tinnitus. Die Klägerin kann nur schlecht ein- und durchschlafen, sodass ihre Leistungsfähigkeit auch tagsüber beeinträchtigt ist. Sie leidet an Konzentrationsproblemen, an einer Reduzierung Ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit. In Folge der psychischen Beeinträchtigungen hält sie größere Menschenmengen gerade auch mit großer Lautstärke nicht mehr aus. Rückzugstendenzen, insbesondere im sozialen Bereich, haben sich bereits manifestiert. Zudem treten Koordinationsprobleme bzw. Gang- bzw. Gleichgewichtsprobleme auf. Die Leistungsfähigkeit wird insbesondere dann auch noch beeinträchtigt durch die sich aus der vorliegenden depressiven Symptomatik ergebenden Stimmungsschwankungen. Die Klägerin kann sich nicht mehr richtig freuen, sie weint viel, stellt sich manchmal sogar die Frage, warum sie überhaupt noch lebe. Sogar die Aufgaben im Haushalt kann sie nur noch mit zwischenzeitlichen Pausen erledigen.

Es wird beantragt, diesbezüglich ergänzende Unterlagen und Stellungnahmen der behandelnden Ärzte einzuholen sowie ein medizinisches Sachverständigengutachten (§ 106 SGG).

Die Beantragung eines Gutachtens nach § 109 SGG behält sich die Klägerin vor.

Die einzuholenden Unterlagen und insbesondere das bzw. die einzuholenden medizinischen Sachverständigengutachten werden das Vorliegen der medizinischen Rentenvoraussetzungen beweisen.

Nachdem die übrigen (versicherungsrechtlichen) Rentenvoraussetzungen nicht streitig erscheinen, wird hierauf nicht näher eingegangen.

Es ist daher antragsgemäß zu entscheiden.

 

Mathias Klose
(Rechtsanwalt, Fachanwalt für Sozialrecht und Fachanwalt für Strafrecht)

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