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LG Regensburg: 10.500 € Entschädigung wegen rechtswidriger Durchsuchungen mit Entkleidung

Das Landgericht Regensburg (Urteil vom 6.5.2025, Az. 23 O 1262/22) hat dem Freistaat Bayern auferlegt, an einen Mandanten unserer Kanzlei eine Entschädigung in Höhe von 10.500 € zu zahlen. Die Kammer erkannte in 21 Fällen von körperlichen Durchsuchungen mit Entkleidung eine rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und bejahte einen Amtshaftungsanspruch nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB sowie §§ 249, 253 BGB. Der Freistaat Bayern akzepzierte das Urteil zunächst nicht und legte Berufung dagegen ein. Die Berufung vor dem OLG Nürnberg wurde dann aber vor Kurzem zurückgenommen, so dass das Regensburger Urteil rechtskräftig ist.

 

Hintergrund des Verfahrens

Der Mandant von Rechtsanwalt Christian Falke war im Jahr 2022 in der Justizvollzugsanstalt Straubing inhaftiert und wurde im Rahmen von Ausführungen und Ausgängen mehrfach körperlich durchsucht. Dabei musste er sich vollständig entkleiden. Eine konkrete Gefahrenlage oder ein individueller Verdacht lagen nicht vor. Die Durchsuchungen erfolgten aufgrund einer allgemeinen Anordnung der Anstaltsleitung, die für sämtliche Rückkehrer aus Ausgang oder Ausführung galt – sofern keine Fesselung mit Bauchgurt erfolgt war.

Rechtliche Würdigung durch das Landgericht

Das Landgericht stellte fest, dass eine mit Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung nach Art. 91 Abs. 2 BayStVollzG nur dann zulässig ist, wenn Gefahr im Verzug besteht oder eine Einzelfallanordnung des Anstaltsleiters oder der Anstaltsleiterin vorliegt. Eine solche Einzelfallprüfung war in den streitgegenständlichen Fällen jedoch nicht vorgesehen und wurde auch nicht vorgenommen.

Das Gericht sah hierin einen Ermessensnichtgebrauch. Es verwies auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 23.09.2020, Az. 2 BvR 1810/19), wonach das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Gefangenen eine sorgfältige Einzelfallabwägung vor Anordnung einer körperlichen Durchsuchung gebietet. Diese Pflicht sei vorliegend verletzt worden.

Im konkreten Fall befand sich der Kläger während der Ausführungen ständig unter Aufsicht von Beamten, wurde zusätzlich mit einem Metalldetektor kontrolliert und lediglich zu einer Behörde ausgeführt. Es bestanden keine Verdachtsmomente, Auffälligkeiten oder Disziplinarmaßnahmen. Unter diesen Umständen hätte eine Prüfung, ob die Missbrauchsgefahr besonders fernlag, zwingend erfolgen müssen.

 

Entschädigungshöhe

Das Landgericht bejahte die Rechtswidrigkeit in 21 Einzelfällen – einer Durchsuchung nach der Rückkehr von einer Ausführung sowie 20 weiteren Durchsuchungen vor Ausgängen oder Urlauben.
Es sprach dem Kläger jeweils 500 € pro Fall zu, was einer Gesamtentschädigung von 10.500 € entspricht.

Bei der Bemessung des immateriellen Schadens orientierte sich das Gericht an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), stellte jedoch klar, dass stets eine Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls maßgeblich sei (vgl. OLG Braunschweig, MDR 2020, 222).

 

Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung verdeutlicht, dass pauschale oder routinemäßige Anordnungen von Durchsuchungen mit Entkleidung ohne konkrete Gefahrenlage unzulässig sind.
Selbst im Justizvollzug bleibt der Schutz der Menschenwürde und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein hohes Gut, das eine individuelle Abwägung im Einzelfall erfordert.

Für Betroffene zeigt das Urteil, dass rechtswidrige Eingriffe in die Intimsphäre auch im Strafvollzug nicht folgenlos bleiben.
Für die Praxis des Strafvollzugs unterstreicht es die Pflicht, gesetzliche Voraussetzungen strikt zu beachten und Ermessensentscheidungen nachvollziehbar zu dokumentieren.

Fazit:
Das Urteil des LG Regensburg ist ein klares Signal für die Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes auch hinter Gefängnismauern - nicht nur in der JVA Straubing, sondern überall. Rechtsanwalt Falke konnte für den Mandanten eine Entschädigung in erheblicher Höhe durchsetzen und so einen wichtigen Beitrag zur Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze im Vollzug leisten.

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